"Eigentlich malt das Bild mich"

Ein Besuch bei der in Muggardt lebenden Künstlerin Andrea Gawaz, die bei den Sulzburg-Laufener Ateliertagen ausstellt.














MÜLLHEIM-MUGGARDT. Eine strikte Unterscheidung zwischen gegenständlicher und abstrakter Kunst mag die Malerin Andrea Gawaz bei ihrer Arbeit nicht vornehmen. Dies wird auch deutlich, wenn man die Künstlerin, die am Wochenende bei den Sulzburg-Laufener Ateliertagen ausstellt, in ihrem Atelier in Muggardt besucht und ihre Werke betrachtet.

Wer Andrea Gawaz besuchen will, muss zu einem versteckten Winkel im malerisch gelegenen Dörfchen Muggardt finden. Dort hat sie ihr Atelier, dort wohnt die Künstlerin auch mit ihrem Mann und zwei Hunden. Jeden Morgen, so bekennt sie, wache sie mit dem Gedanken auf: Was ist es für ein Glück, hier zu sein.


Vor zwei Jahren hat sich das Ehepaar, vom Münsterland kommend, für dieses Haus und diese Region entschieden, die ihm während vieler Urlaubsaufenthalte ans Herz gewachsen war. Auf dem Land bei Illertissen aufgewachsen, musste Andrea Gawaz nicht lange überlegen, ob sie künftig in dieser Abgeschiedenheit leben und arbeiten wollte, zumal in der nahen Umgebung viele andere Künstler zu Hause sind, was ihr die Chance auf gegenseitige Befruchtung eröffnete.


Ein Gang durch ihr ebenerdiges Atelier und die gewölbeartigen Galerieräume, wo ihre Bilder an Wänden aus Natursteinen hängen, führt durch eine Welt üppiger Farben, expressiver Formen und eigenwilliger Kompositionen, die sich nicht auf einen Stil festlegen lassen. Eine strikte Unterscheidung zwischen gegenständlicher und abstrakter Kunst mag die Malerin nicht vornehmen. Beides, findet sie, unterliege den gleichen Gesetzmäßigkeiten. Immer gehe es darum, Spannung zu erzeugen oder eine Stimmung auszudrücken, ganz gleich, ob nun eine Landschaft entstehe oder ein abstraktes Gemälde.


Die Malerei begleitet Andrea Gawaz fast schon ein Leben lang, zuerst jedoch noch in autodidaktischer Form. Ein Praktikum beim Bayerischen Fernsehen im Anschluss an ein Studium der Germanistik, Slawistik und Philosophie in München mündete zunächst in eine Tätigkeit als Journalistin. Sie berichtete über den Kulturbetrieb und erhielt so die Möglichkeit, die Malerei von der anderen Seite zu betrachten. Dieser Berufsphase folgte ein turbulentes Leben als Mutter von vier Kindern und Tierarztfrau in Illertissen. Das Malen gab sie allerdings nicht auf und stellte ihre Bilder in der Galerie eines Einrichtungsgeschäftes aus, das sie nebenbei mit einer Partnerin betrieb.


Erst als sie mit der Familie ins Münsterland übergesiedelt war, nahm sie Malunterricht und fand ihre Motive im unmittelbaren Lebensumfeld. Stillleben standen am Anfang. Als die Kinder, die mittlerweile alle aus dem Haus sind, größer waren, weitete sich ihr Blick, und sie begann Landschaften zu malen. Irgendwann kam auch der Schwarzwald dazu – als Umsetzung individuellen Farbempfindens und freier Wiedergabe des räumlichen Eindrucks. Es sind vor allem innere Landschaften, die Andrea Gawaz, zumeist mit breitem Pinsel und Acrylfarben arbeitend, wiedergibt. Längst gehört auch die menschliche Figur zu ihren Motiven. Zumeist ist sie nackt wie die an den Stier gelehnte Europa oder die entspannt neben tierischen Schlachtprodukten posierende Frau.


Die Werke der Künstlerin durchlaufen einen langen Entstehungsprozess. "Jedes Bild ist ein harter Weg", sagt sie. Das nach dem Übereinanderlegen von 50 bis 60 Farb- und Lasurschichten und immer neuer Begutachtung Vollendete stelle nur die Spitze des Eisberges dar. Am Ende ist vielleicht bloß ein einziges Element der ursprünglichen Bildidee verwirklicht. "Eigentlich malt das Bild mich", sagt die Malerin über diesen Prozess. Diese Offenheit prägt ihr Schaffen ebenso wie das Herausarbeiten von Licht und Schatten. Indem sie leuchtende Farben neben dunkle setzt, fügt sich die Darstellung für sie erst zum Ganzen. Das sei nicht anders als im Leben auch.


Die Malerei ist nicht die einzige Art ihrer künstlerischen Äußerung. So stellt sie Abfallprodukte in einen neuen Kontext, indem sie sie fantasievoll auf großer Fläche zu Collagen oder Installationen arrangiert und alles durch einen Überzug mit weißer Farbe veredelt. Und schlägt sie beispielsweise den Weg über den Berg nach Sulzburg ein, lenkt sie ihre Kreativität noch in eine weitere Richtung und lässt sich von der Poesie der Landschaft zu Gedichten inspirieren.


Quelle: Badische Zeitung vom 27. September 2011, Dorothee Philipp


27. September 2011:

Andrea Wickert-Gawaz   Muggardt 26   79379 Müllheim   Telefon 07631 - 179 33 11   Mail andrea[at]gawaz.de

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